Eigensinn. Vom Mut zur Einzigartigkeit.

“Nur Nullen haben keine Ecken.”

“Sei Du selbst. Andere gibt es schon.”

Alle lieben Postkarten mit Sprüchen drauf, die sie daran erinnern, dass man gut ist, so wie man ist. Alle streben nach Individualität und Authentizität. Und doch geben Trends den Ton an.

Mir begegnet diese Ambivalenz auch bei der Ästhetik von Unternehmen. Die Geschichten, die Unternehmen schreiben, die Erfolge und die Widerstände, die Produkte und das Wesen eines Unternehmens sind einzigartig. Und doch übersetzen, ja zelebrieren nur wenige diese Einzigartigkeit. Das neue Corporate Design orientiert sich an dem, was auf Plattformen als Trend formuliert wird. Beratungen von außen erlauben sich das Urteil “Das muss so aussehen, damit Deine Zielgruppe euch gut findet”. “Das macht man jetzt so, sonst steht ihr nicht für die Zukunft”.

Puh.

Designtrends gibt es und sie sind nicht wegzudiskutieren.
Designs zu überarbeiten. Das Outfit zu wechseln. Räume umzugestalten. Sich mit modernen Farben und Formen zu beschäftigen, ist ein Muss um nicht stehen zu bleiben. Designtrends spiegeln – egal ob Mode, Möbel oder Architektur – kulturelle Strömungen wieder. Sie stehen dafür, welche Impulse gesetzt werden sollen. Eine Resonanz des Lebens, die vibriert.

Aber.

… nett, oder?

Aber sie sollten genau als das gesehen werden, was sie sind. Impulse. Inspiration. Denn sie sind ständig im Fluss. Würden Unternehmen sich in ihrer Außen- und Innendarstellung so schnell ändern wie es Trends und Strömungen tun, müssten sie ungeheure Kräfte frei setzen. Budgets, Zeit, Energie-Ressourcen anzapfen, die nicht mehr im Verhältnis zur natürlichen Größe der Firma stehen.

Das Gute daran ist, dass Attraktivität nicht nur dadurch entsteht, dass man so aussieht wie es gerade angesagt ist, oder darin, dass die Kantine im Industrie Style renoviert wurde. Attraktivität entsteht langfristig, wenn die Einzigartigkeit des Unternehmens stilvoll übersetzt wurde. Wenn wirklich überlegt wurde, was gebraucht wird und was wirklich notwendig ist. Und dann – mit Raffinesse und Kreativität – eine Lösung gefunden wird.

Was heißt das konkret?

Bitte, liebe Unternehmen,

  • lasst euch nicht irgendwas von Agenturen designen, ohne euch damit auseinander gesetzt zu haben, was ihr wirklich seid, was euch besonders macht und was ihr braucht. Das hilft auch der Agentur, um punktgenau zu liefern. Je konkreter die Einzigartigkeit formuliert wird, desto kreativer die Ergebnisse. Versprochen.

  • holt euch nicht einfach irgendwelche praktischen Möbel, die etwas besser als scheusslich aussehen. Investiert in ein Raumkonzept, dass eure Einzigartigkeit übersetzt. Ihr glaubt gar nicht wie sehr das auf Employer Branding, Produktivität, Sicherheit und Stolz abfärbt.

  • verliert euch nicht in Werbezeugs ohne Bezug, keine Goodies, die nix mit eurer DNA zu tun haben, keine Geschenke, die irgendwie alle schenken und mit denen man nichts falsch machen kann.

  • überlegt euch das mit den Sneakers. Ja, sie sind hip, ja sie stehen für das neue Arbeiten. Aber ja, plötzlich sehen auf Konferenzen alle gleich aus, nur der Herr mit gepflegten Lederschuhen sticht raus, oder die Dame mit dem eleganten Gürtel.

  • liebt die kleinen Details im Alltag. Einzigartigkeit wird dann sichtbar, wenn sie nicht erwartet wurde. Denkt an eure Schilder, an eure Weihnachtsgrüße, an den Header in eurem Newsletter und an das Roll-up auf einer Veranstaltung, an die Kaffeetassen im Schrank, an die Seifenspender auf den Toiletten. Es sind die kleinen Dinge, die nicht von der Stange sein dürfen, wenn das Unternehmen wirklich wirken will.

Ist das anstrengend? Ja, für alle die, die eine Aufgabe schnell erledigt haben wollen und die glauben, dass mit Standards oder Mainstream am wenigsten falsch gemacht werden kann. Aber das ist ein Trugschluss. Denn Gleichförmigkeit kann ganz schnell in Willkür und Langeweile kippen.

Gibt es denn nun auch positive Beispiele? Selbstverständlich.

Da ist der Werkzeugbauer, der aus all seinen Schrauben eine Wandverkleidung gestaltet hat. Und damit vermittelt: Das, was wir hier herstellen, ist so wertvoll wie Kunst. Und wir sind stolz darauf. Diese Wandverkleidung findet sich wiederkehrend im gesamten Haus und wirkt so stilbildend. Oder aber das Zelebrieren des Muttertages. Denn Schrauben wären nichts ohne Mutter. Immer wieder wird ein Bezug hergestellt zur Essenz des Unternehmens. Und Standards gelten nur bei der Din-Normung.


Da ist das Hotel, dass seine Gäste zwei Stunden vor Check-in kontaktiert und fragt, ob sie schon etwas zu Abend gegessen haben. Immerhin sollen sich ja alle wohlfühlen. Angekommen gibt es dann ein Lunchpaket mit Namen, weil das Familien-Unternehmen in einem Identäts-Findungsprozess ganz klar herausgearbeitet hat, dass die persönliche Note schon immer oberstes Gebot war.

Da ist das IT-Unternehmen, dass keine klassische Website hat, sondern ein Wiki und deren Mitarbeitende alle eine Zusatzausbildung haben wie sie IT-Sprache verständlich erklären können. Das Unternehmen hat festgestellt, dass ihre DNA nicht die des größtmöglichen Portfolios ist, sondern ihre DNA ist das an die Hand-nehmen und Aufklären. Also gibt es auch keinen neuen Imagefilm, sondern einen Podcast, der Zusammenhänge, komische Wörter und Software erklärt.

Es geht also immer darum sich zu fragen: Was macht uns aus? Was können wir am besten? Und dann mit voller Kanne, langem Atem, viel Mut zum anders sein und ästhetischer Eleganz die eigene Unternehmensidentität ausleben.

Sie brauchen dabei einen Blick von außen? Eine Hilfestellung, um auf die Frage “Wer ist mein Unternehmen” eine gute Antwort zu finden? Schreiben Sie mir und ich helfe.

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Ordnung. Wie wertvoll ein klarer Blick auf die Dinge ist.

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Das Neue. Und warum es sich lohnt alten Meister:innen zu lauschen.