Darf ich bitten? Höflichkeit ist eine Frage der Ästhetik.

Die Frage nach Ästhetik und Höflichkeit im Unternehmenskontext mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Doch bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass Ästhetik eine entscheidende Rolle für das zwischenmenschliche Miteinander spielt und eng mit Höflichkeit verknüpft ist. Ästhetik betrifft nicht nur die Kunst und das Schöne, sondern auch die Art und Weise, wie wir uns in unserer Umgebung bewegen und wie wir mit anderen interagieren. Und damit wird es für Unternehmen relevant. Wie sind Sie heute Morgen begrüßt worden? Welche Worte wählen Sie bei kritischen Diskussionen? Und agiert Ihr Unternehmen Ihnen gegenüber höflich, wenn Sie den Eingangsbereich betreten? Oder die Toiletten?

Höflichkeit ist ein Grundpfeiler des sozialen Zusammenlebens. Sie drückt sich in unseren Umgangsformen, unserem Verhalten und unserer Kommunikation aus. Eine höfliche Person zeigt Respekt, Anerkennung und Wertschätzung gegenüber anderen. Dies schließt auch die ästhetische Dimension ein.

Ästhetik beeinflusst unsere Wahrnehmung und unser Empfinden. Eine gepflegte Umgebung mit ästhetisch ansprechenden Elementen wirkt einladend und angenehm. Es zeigt, dass man sich Gedanken gemacht hat, um anderen ein positives Erlebnis zu bieten. Die Umgebung ist also höflich zu ihren Betrachtern und Konsumenten.

Können Unternehmen höflich sein?

Sie sollten. Ein Beispiel dafür ist die visuelle Gestaltung von Unternehmensräumen. Unternehmen, die ihre Büro- und Geschäftsräume ästhetisch ansprechend gestalten, zeigen nicht nur ein ästhetisches Bewusstsein, sondern auch Wertschätzung gegenüber ihren Mitarbeitenden und Kunden. Durch den Einsatz von Farben, Formen und Materialien, die ein angenehmes Ambiente schaffen, wird eine positive Atmosphäre geschaffen und das Wohlbefinden aller Beteiligten gefördert. Dabei geht es um Details: Ergonomische höhenverstellbare Tische. Gepflegte Grünpflanzen. Seifenspänder, die nicht versifft oder verkalkt sind. Damen-Hygiene auf den Toiletten. Aufgeräumte Gemeinschaftsräume. Licht.

Ähnlich verhält es sich bei unserer persönlichen Erscheinung. Wenn wir uns selbst pflegen, auf unser Äußeres achten und angemessene Kleidung tragen, zeigen wir Respekt gegenüber anderen Menschen, die uns begegnen. Unsere äußere Erscheinung kann Einfluss auf die Art und Weise haben, wie andere uns wahrnehmen und behandeln. Indem wir bewusst auswählen, was wir tragen, können wir unserem Gegenüber höflich begegnen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ich es scheusslich finde, wenn wir in Jeans und Jogging-Hose ins Theater gehen. Oder ungepflegt zum Mitarbeiter-Jahresgespräch.

Auf ein Wort.
Darüber hinaus spielt Ästhetik auch in der zwischenmenschlichen Kommunikation eine wichtige Rolle. Eine höfliche und respektvolle Sprache ist wohlwollender als eine grobe Ausdrucksweise. Indem wir uns klar, freundlich und zugewandt ausdrücken, schaffen wir eine angenehme Atmosphäre des Austauschs und steigen bei Diskursen gleich mal eine diplomatische Ebene höher ein. Die Art und Weise, wie wir unsere Worte wählen, kann die Stimmung und den Verlauf eines Gesprächs beeinflussen. Ästhetik in der Kommunikation bedeutet, sensibel auf die Bedürfnisse und Gefühle anderer einzugehen und eine positive zwischenmenschliche Verbindung zu schaffen. Wir alle kennen den Effekt, der entsteht, wenn wir Kollegen oder Kolleginnen mit kurzen unklaren Aufforderungen kommen. “Gib mal den Stift”. … Wunderbar. Nicht.

Wenn sich diese Art der Sprache manifestiert, braucht sich niemand über eine Kultur im Unternehmen wundern, die geprägt ist von Frust, Skepsis und Neid.
Anklopfen, ein Blumenstrauß bei schwerer Krankheit, ein Dankeschön für ein gut vorbereitetes Meeting – Höflichkeit liegt im Detail und viele Details prägen die Ästhetik in einem Unternehmen.

Von Kunden und Königen
Ästhetik ist also keine oberflächliche Angelegenheit, sondern eine Frage der Wertschätzung und des Respekts gegenüber anderen Menschen. Das zeigt sich auch im Umgang mit Kunden. Viel zu oft erlebe ich es, dass am großen Bild des Unternehmens geschraubt wird, aber Verkäufer:innen laut und zügellos über ihren Job schimpfen. Während Kund:innen bezahlen wollen, erhalten sie keinen aufmerksamen Blick, sondern einen Einblick in das Privatleben der genervten Kassierer:innen.
Liebe Unternehmen, Ihnen fehlt es an Höflichkeits-Fokus. Und so spießig es klingt: Mit fehlender Höflichkeit beginnt es, mit Unordnung geht es weiter, mit Fehlern intensiviert es sich und am Ende wartet der Misserfolg. Es lohnt sich also höflicher zu sein. Zu sich selbst. Zu seinen Mitarbeitenden. Zu seinen Räumen. Zu seinen Produkten. Zu seinen Kunden. Zu seinen Lieferanten. Zur Welt. Denn dann entsteht eine wertschätzende Ästhetik.

Indem wir auf Ästhetik achten, schaffen wir eine angenehme und einladende Umgebung. Ästhetik wirkt auf subtile Weise auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen ein und kann dazu beitragen, Höflichkeit und Respekt in unserem Handeln zu manifestieren.

Darf ich also bitten? Ja, aber bitte mit Ästhetik und Höflichkeit. Schreiben Sie mir gern was Sie davon halten.